Eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit kann ganz oder teilweise versagt werden, wenn der Berechtigte sich die für die Rentenleistung erforderliche gesundheitliche Beeinträchtigung bei einer Handlung zugezogen hat, die nach strafgerichtlichem Urteil ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen ist (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 20.11.2014, L 5 R 129/14).

Der Betroffene hatte mit 1,39 Promille einen Verkehrsunfall verursacht und wurde aufgrund der Verletzungen voll erwerbsgemindert. Er wurde wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Rentenversicherung lehnte den Antrag des Betroffenen auf Erwerbsminderungsrente ab. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass er sich grob selbstgefährdend verhalten habe. Das Sozialgericht Gießen bestätigte zunächst die Auffassung der Rentenversicherung.

Das Hessische Landessozialgericht betätigte nun die erstinstanzliche Entscheidung. Die Richter waren der Auffassung, dass eine Rente nach § 104 SGB VI versagt werden kann, wenn die Erwerbsminderung infolge der Ausübung einer strafbaren Handlung eingetreten ist. Voraussetzung sei eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung für ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen. Der Versicherte sei wegen vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden. Der bei dieser Tat eingetretene Unfall habe zur Erwerbsminderung geführt. Die Rentenversicherung habe bei ihrer Ermessensentscheidung nicht rechtsfehlerhaft gehandelt. Ob bei strafbaren Handlungen die Rente versagt werden könne, hänge von der Abwägung der Gesamtumstände ab. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Sozialversicherungsrecht einerseits keine strafrechtliche Funktion habe, andererseits strafbares Verhalten aber auch nicht leistungsrechtlich „belohnt“ werden solle. Die Versicherung habe zutreffend neben der Schwere der Tat auch den Tathergang und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten hinreichend beachtet (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 20.11.2014, L 5 R 129/14).