Das erhebliche Verschulden eines mit 2,49 Promille alkoholisierten Fußgängers, der bei dem Versuch, sich seitlich an einem auf einem Kundenparkplatz langsam vorwärts fahrenden Lastzug abzustützen, zwischen die Hinterachsen des Sattelaufliegers gerät, rechtfertigt im Rahmen der vorzunehmenden Haftungsabwägung das Zurücktreten der allein einzustellenden Betriebsgefahr und führt zur Verneinung jeglicher Haftung (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 17.04.2015, 9 U 34/14).  


Der 48 Jahre alte Betroffene war zum Unfallzeitpunkt im April 2008 mit 2,49 Promille alkoholisiert. Er befand sich als Fußgänger auf dem Parkplatz eines Lebensmittelsupermarktes in Essen unmittelbar neben einem Lastzug. Nachdem sich der Lastzug der späteren Beklagten langsam in Bewegung gesetzt hatte, stützte sich der Betroffene und spätere Kläger mit beiden Händen so auf den Aufbau des Sattelaufliegers, dass er zwischen dessen Hinterachsen fiel und dabei schwere Verletzungen erlitt.

Wegen der erlittenen Verletzungen begehrte der Kläger von der Beklagten unter anderem ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 EUR. In der ersten Instanz scheiterte der Kläger mit seiner diesbezüglichen Klage vor dem Landgericht Essen. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein.

Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte nun die erstinstanzliche Entscheidung. Die Richter des neunten Zivilsenats konnten kein Verschulden des Lkw-Fahrers feststellen, dieser habe weder falsch noch zu spät reagiert und daher den Unfall nicht verhindern können. Demgegenüber habe der Kläger gegen das für ihn auch als Fußgänger im Straßenverkehr geltende Rücksichtnahmegebot verstoßen, indem er sehenden Auges mit nicht geringer Geschwindigkeit seitlich auf den hinteren Bereich des sich langsam vorwärts bewegenden Sattelzug zugelaufen sei. Anschließend habe er sich mit beiden Händen so auf den Aufbau abgestützt, dass er zwischen die Hinterachsen des anfahrenden Aufliegers gestürzt sei. Das in höchstem Maße eigengefährdende und verkehrswidrige Verhalten des Klägers sein nur mit seiner Alkoholisierung zu erklären. Dieser grobe Verkehrsverstoß lasse dabei die Betriebsgefahr des Lastzuges vollständig zurücktreten (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 17.04.2015, 9 U 34/14).